Willkommen auf dem Blog zum 1:1- computing- Projekt in Guttannen


Seit Sommer 2010 erprobt eine 5./6. Klasse im kleinen Berner Oberländer Bergdorf Guttannen 1:1- computing im Unterricht, es werden hierfür Netbooks und Tablets eingesetzt. Wegen einer Klassenzusammenlegung findet das Projekt seit Sommer 2012 in der Gesamtschule (1.-6. Klasse) statt. In Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Bern werden Erfahrungen gesammelt, wie sich die kleinen Computer und Tablets im Unterricht und als Hilfsmittel bei der Bearbeitung der Hausaufgaben einsetzen lassen.

Auf diesem Blog werden regelmässig aktuelle Informationen zu Unterrichtsszenarien sowie technischen Inhalten festgehalten. Weitere Detailinformationen zum Projekt finden sich bei den ältesten Posts vom Sommer 2010.

Dienstag, 2. Oktober 2012

1:1- computing für Schulanfänger? Kein MUST!

1:1- computing ist nach unseren ersten Erfahrungen für Schulanfänger absolut kein MUST. Es werden bei uns zwar da und dort auch für die Jüngsten Netbooks und Tablets ergänzend zu andern Unterrichtsmaterialien eingesetzt. Wir sehen aber keinen Bedarf darin, jedem Kind der 1.-3. Klasse sein eigenes Gerät zur Verfügung zu stellen, auch wenn genügend davon im Klassenzimmer zur Verfügung stehen würden. Es wäre gar nicht einfach, sich für eines der beiden Geräte zu entscheiden. Eine Abkehr vom 1:1- computing also? Nicht unbedingt, würde ich sagen!

Wichtig ist auf dieser Stufe in grossem Masse, dass die SchülerInnen viele Erfahrungen im Bereich der direkten Anschauung sammeln können und haptische Wahrnehmung  möglich gemacht wird. Dabei spielen Tablets und Netbooks bloss eine Nebenrolle. Nach wie vor erleben wir z.B. das Schreiben der ersten Buchstaben  in feinem Sand, auf verschiedene Papiere  oder auf die gute alte Wandtafel als mindestens so wertvoll wie jenes mit den Nachspurformen auf dem iPad, das durchaus zwischendrin auch zum Einsatz kommt. Da wären wir wieder einmal bei einem zentralen Punkt: es braucht im Bereich des Einsatzes digitaler Medien und „offline Arbeiten“ in der Schule definitiv ein „sowohl als auch“, nicht ein „entweder oder“.   

Die Schule hat gewiss eine wichtige Aufgabe, den Kindern Computer &Co. als Werkzeuge vertraut zu machen, nachdem sie diese in der Freizeit v.a. als Spielzeuge kennen gelernt haben. Doch auch in andern Bereichen hat die Schule nach wie vor oder gar vermehrt wichtige Aufgaben zu übernehmen. Wo sonst erlernen die Kinder zum Beispiel Sozialkompetenz in einer altersdurchmischten Grossgruppe?

Wenn man derzeit die Diskussion über 1:1- computing an Schulen mitverfolgt, so werden die meisten Erfahrungen auf der Sekundarstufe 1&2 gesammelt, wo sich das 1:1- computing bestimmt auch mehr und mehr etablieren wird. Ich vermute jedoch, dass bald nicht mehr schulische Geräte eingesetzt werden müssen, sondern sich  das BYOD - Prinzip durchsetzen wird. Auf der Primarstufe sehe ich – ganz ehrlich gesagt – auch in Zukunft keinen dringenden Bedarf, 1:1- computing flächendeckend umzusetzen. Schon ein halber Klassensatz Tablets oder/und  Net-/Notebooks reichen bestimmt absolut aus, einen Unterricht so zu gestalten, wie man ihn im Jahr 2012 erwarten würde. Die eigentliche 1:1- Situation kommt auch bei uns, wo die Geräte jederzeit in genügender Anzahl zur Verfügung stehen würden, kaum je zum Tragen.  In der Gesamtschule kann ich mir jene Situation erst recht nicht mehr vorstellen oder denken Sie sich mal eine Unterrichtssituation aus, während der alle Kinder der 1.-6. Klasse gleichzeitig am Computer arbeiten…

Ständige Verfügbarkeit bedeutet nicht Dauereinsatz

Eine spannende Erfahrung machten wir in den ersten Schulwochen des neuen Schuljahres im Bereich der Häufigkeit des Computer- und Tableteinsatzes. Bewusst liessen wir die Netbooks wochenlang unbenutzt in der Ladestation und siehe da: niemand vermisste sie! Wie wunderbar, kann ich da nur sagen. Nach zwei Jahren haben die Geräte längst die Faszination des Neuen und Unbekannten verloren. Das Arbeiten auf Netbooks ist ebenso anstrengend und ermüdet nicht weniger, als das andere schulische Aktivitäten. Diese Erkenntnis hat sich längst im Bewusstsein der  Kinder festgesetzt. Auch die 4. KlässlerInnen, die seit dem Sommer erstmals ihr eigenes Netbook zur Verfügung haben, fragen kaum je danach, ob sie es auch mal mit nach Hause nehmen dürften. Dort steht ja überall auch schon mindestens ein Computer.

Der Reiz des Neuen

Mit den iPads verhält es sich, wie anfangs mit den Netbooks. Es geht von ihnen eine gewisse Faszination aus, doch auch diese wird rasch verfliegen. Die Geräte sind m.E.  im schulischen Kontext als Arbeits- und nicht als Spielgeräte einzusetzen und daher vielleicht gar nicht mehr so „cool“. Für mich faszinierend ist die Tatsache, dass bei einer vollen Verfügbarkeit von Netbooks, iPods und iPads im Klassenzimmer die Nachfrage nach deren Einsatz nicht etwa steigt, sondern die Selbstverständlichkeit der Verfügbarkeit im Gegenteil zu einem recht „gemässigten“ Einsatz führt. Nun ja, es liegt schliesslich v.a. an den Lehrkräften, die Gadgets im Unterricht auch wirklich zum Einsatz zu bringen, mag man da einwenden. Wir setzen die Geräte gerne dort ein, wo sie im Unterricht einen echten pädagogischen Mehrwert bringen.  Sie jedoch nur zum Einsatz zu bringen, um die Kinder wieder mal an einer Tastatur oder an einem Touchscreen arbeiten zu lassen, macht nicht wirklich Sinn, das tun die meisten Kinder in ihrer Freizeit ohnehin bereits zur Genüge.

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