Willkommen auf dem Blog zum 1:1- computing- Projekt in Guttannen


Seit Sommer 2010 erprobt eine 5./6. Klasse im kleinen Berner Oberländer Bergdorf Guttannen 1:1- computing im Unterricht, es werden hierfür Netbooks und Tablets eingesetzt. Wegen einer Klassenzusammenlegung findet das Projekt seit Sommer 2012 in der Gesamtschule (1.-6. Klasse) statt. In Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Bern werden Erfahrungen gesammelt, wie sich die kleinen Computer und Tablets im Unterricht und als Hilfsmittel bei der Bearbeitung der Hausaufgaben einsetzen lassen.

Auf diesem Blog werden regelmässig aktuelle Informationen zu Unterrichtsszenarien sowie technischen Inhalten festgehalten. Weitere Detailinformationen zum Projekt finden sich bei den ältesten Posts vom Sommer 2010.

Samstag, 5. Oktober 2013

Auslaufmodell Computer?! Tablets auf der Überholspur

Nach drei Jahren 1:1-computing sind wir in Guttannen an einem spannenden Scheideweg angekommen. Der Einsatz der Netbooks hat sich in den vergangenen Monaten derart zu Gunsten der Tablets verschoben, dass die guten alten Netbooks kaum mehr in den Einsatz kommen. Ich bin in der Tat so weit, dass ich für die Kleincomputer im Unterricht kaum mehr ein Einsatzfeld sehe. Gibt es noch irgend einen schulischen Arbeitsbereich, der von einem Tablet nicht auch abgedeckt werden könnte? 

Ja, bei uns gibt es noch genau einen einzigen Einsatzbereich: die "Blitzrechnen - CD" zum Zahlenbuch, die ist uns im Matheunterricht wertvolle Dienste leistet, da die Inhalte perfekt auf das Lehrmittel abgestimmt sind. Diese Inhalte gibt's nun mal nicht in anderer Form bzw. sie werden nicht als App für Tablets verfügbar gemacht, wie man mir auf meine Anfrage hin beim KLETT - Verlag mitteilte. Nun ja, ein Mathe- Programm als Legitimation für eine 1:1- Ausstattung mit Netbooks? Nicht wirklich!

Acht Gründe, weshalb die Computer in unserem Klassenzimmer bald ausgedient haben:


In der Anschaffung sind Tablets nicht wirklich günstiger als Net- und Notebooks. Die Kosten für Software- Lizenzen entfallen aber weitgehend oder sind vernachlässigbar. Beim technischen Support sowie Unterhalt können enorme Einsparungen erfolgen. Der Zeitaufwand für die Wartung verkleinert sich meiner Erfahrung nach um ein Vielfaches. Ins Gewicht fallen könnte auf längere Dauer auch der minimale Energieverbrauch eines Tablets im Vergleich zu dem eines Net- oder Notebooks, nicht zu sprechen von einem Desktop - PC.



Die sofortige Verfügbarkeit der Geräte ist für mich ein Plus, auf welches ich nicht mehr verzichten möchte. Die Zeiten, in denen wertvolle Unterrichtszeit mit dem langen Aufstarten vom Computern, mit dem Abwarten von Updates etc. verprasst wurde, gehören glücklicherweise der Vergangenheit an.



Zugegeben, auch ein Netbook ist bereits ein Schweizer Taschenmesser unter den Computern, doch haben Sie schon mal einen Film mit einem Netbook gedreht oder im Freien Fotos aufgenommen? Tablets vereinigen bei kleinem Gewicht und vernünftiger Grösse sämtliche für den Unterricht nötigen Funktionen.



Erfahrungsgemäss ist es noch um einiges wahrscheinlicher, dass Schüler/innen ein Tablet zum Arbeiten zu Hause mit in die Schultasche packen als das - auch nicht sehr sperrige - Netbook. Insbesondere bei jüngeren Kindern fällt die deutlich leichtere Bauart aber im wahrsten Sinne des Wortes ins Gewicht. Während des Unterrichts werden die Tablets auch häufiger innerhalb des Klassenzimmers oder Schulhauses zum Arbeiten mitgenommen als die Mini - PC's.



Auslöser für den Start des 1:1- Pilotprojektes mit Netbooks vor über drei Jahren war unter anderem, dass immer mehr Schüler/innen ihre eigenen Notebooks in den Unterricht mitbrachten. Im Sinne der Chancengleichheit wollten wir allen Kindern die Arbeit mit einem kleinen PC ermöglichen und haben alle SchülerInnen mit einem Gerät ausgerüstet. Heute sind wir BYOD bereits so nahe, dass wir gar keinen Klassensatz Tablets anzuschaffen brauche. Denn eher als ein Net- oder Notebook leisten sich heute viele Familie für ihre Jungmannschaft ein Tablet und die Kinder bringen diese Geräte auch in den Unterricht mit, wo wir auf deren Verfügbarkeit zählen können.



Die Herstellung eines Tablets ist bekannterweise alles andere als ressourcenschonend. Während die Herstellung eines PC's jedoch ungefähr den gleichen Ressourcenaufwand bedeutet wie jene der Produktion eines Mittelklassewagens (Quelle: educa- guides "green IT & Schule"), wage ich zu behaupten, dass Tablets doch einiges besser abschneiden. Könnte BYOD vermehrt umgesetzt werden, müssten zudem Geräte nicht doppelt angeschafft werden: einmal privat und einmal in der Schule. Dies wäre ein echter Beitrag zur Schonung wertvoller Ressourcen. Unser bescheidener Beitrag besteht derzeit darin, dass alle Tablets (und auch Netbooks) auf dem Occasionsmarkt gekauft wurden und somit schon mal mutmasslich eine längere Lebensdauer haben als viele privat eingesetzte Devices.



Wie oben beschrieben, kann ich mir keine Anwendung im Unterricht mehr vorstellen, in der ein Tablet nicht ein vollwertiger Ersatz für einen Kleincomputer wäre. Man mag die nicht ganz ideale Möglichkeit des Verfassens von Texten auf Tablets als Gegenargument ins Feld führen, doch lange Texte haben unsere SchülerInnen auch auf den kleinen PC's nicht geschrieben und werden dies auch in Zukunft auf den Tablets nicht tun müssen.



Auf dem Weg zu einer mehr und mehr papierlosen Schule ist das Tablet ein ideales Werkzeug. Das Lesen von Büchern oder Texten aller Art sowie das handschriftliche Annotieren von Arbeitsblättern ist mit einem PC nur schwer oder gar nicht zu bewerkstelligen. Voraussetzung zur Lektüre auf dem Tablet oder der Bearbeitung von Arbeitsblättern etc. ist meiner Ansicht nach jedoch ein genügend grosser Bildschirm; mit ein Grund, weshalb wir nicht auf das iPad mini setzen.


Ich hätte vor eineinhalb Jahren, als ich in diesem Blog den Abschied vom Desktop - Zeitalter zelebrierte, nicht geahnt, dass auch den Netbooks schon weniger als zwei Jahre später der Einsatzzweck abhanden kommen könnte. Welches wird der nächste Schritt sein?

Sonntag, 26. Mai 2013

Papierlose Schule? Eine Auslegeordnung...


Papierlose (bzw. kopienfreie) Schule dank Tablets!? 


 „Schulhefte und Bücher ade“ titeln Medienberichte derzeit, wenn über Deutschlands erste „ papierlose Schule“ berichtet wird. In Südkorea sollen binnen dreier Jahre gar im ganzen Land Bücher und Hefte aus den Klassenzimmern verbannt sein. 

Nun, soweit möchte ich im Moment eigentlich nicht gehen, auch wenn sich die Schule meiner Meinung nach in den nächsten Jahren weitgehend von Büchern verabschieden wird. Hefte und Schreibpapier schätze ich im Unterricht jedoch nach wie vor und denke, dass das Schreiben von Hand und auf Papier ebenso eine erhaltenswerte Kulturtechnik darstellt wie das gelegentliche Arbeiten mit gedruckten Medien. Trotzdem denke ich laut darüber nach, wo Tablets in vielen Bereichen Papier überflüssig machen können. Selbst an unserer kleinen Mehrklassenschule (1.-6. Klasse in einem Zimmer, total 20 SchülerInnen) fallen jedes Jahr zig tausend Kopien an. Es macht meines Erachtens Sinn, Schulbücher bald schon durch ebooks zu ersetzen und die Kopienzahl an Schulen massiv zu redizieren, was neben ökonomischen auch durchwegs ökologische Vorteile hätte. Es sind denn auch vor allem Gedanken ökonomischer und ökologischer Sichtweisen,  die mich zu einigen mathematischen Vergleichen bewogen haben:

Allein mit den Leasingkosten unseres Multifunktions- Kopiergerätes könnte ich jeden Monat ein (Occasions-)  iPad anschaffen, also binnen weniger als eineinhalb Jahren jedem Kind der Klasse eines zur Verfügung stellen. 

Klammerbemerkung: Derzeit sind es in unserer Klasse 8 Tablets sowie 14 Netbooks für 20 Kinder im Einsatz  Daher spreche ich noch immer von einem 1:1- computing. Alle Geräte dürfen nach wie vor auch zum Arbeiten nach Hause genommen werden. 

iPad: 4Wh / A4-Blatt Kopierpapier: 50Wh


Zurück zur Mathematik:

Ein iPad verbraucht pro Betriebsstunde  rund 4Wh Strom. 

Die Herstellung eines einziges Blattes A4- Frischfaser- Kopierpapier verbraucht über 50Wh Energie. Dieses Blatt ist bis dahin noch unbedruckt, kommt also noch der Energieverbrauch des Kopiervorganges und der Herstellung des Toners dazu…

Wird an unserer Schule nur eine einziges Blatt Kopierpapier weniger verwendet,  kann mit der somit eingesparten Energie-  rein rechnerisch -  ein iPad mehr denn voll geladen und anschliessend über 10 Stunden betrieben werden.

 

Man mag dieser Rechenspielerei entgegen halten, dass die Herstellung eines
iPads Unmengen von grauer Energie verschlungen hatte. Da habe ich in der Tat kein Gegenargument zu liefern. 

Wird jedoch ein iPad über mehrere Jahre hinweg benutzt, kann es durchwegs zu einem Gerät werden, welches einen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit unseren Resourcen im Sinne von „green IT“ leistet. Im Bereich des Lesens mit dem iPad im Vergleich zur Lektüre von Texten auf Papier, wurde dieser Sachverhalt beispielsweise in diesem Artikel diskutiert. 


Das erste fair produzierte Mobiltelefon

 

 













Von einer resourcenschonenden Technologie kann allerdings erst die Rede sein, wenn dereinst auch die in Tablets verbauten Metalle etc. nachhaltig gewonnen werden und die Menschen in den Produktionsbetrieben unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können. Hier besteht derzeit noch akuter Notstand. Hoffen lässt das in Holland entwickelte erste „fair“ produzierte Mobiltelefon, welches im Herbst auf den Markt kommen sollte (www.fairphone.com). Hoffentlich vermag  dieses Gerät eine Signalwirkung zu haben und die Philosophie der Erfinder auch andere Produzenten zu überzeugen.

Digitale Kommunikation mit Eltern: zu früh!

 

Seit ich die Möglichkeit wahrnehme, Texte und Informationen aller Art statt zu kopieren direkt als pdf bereitzustellen oder einzuscannen und den SchülerInnen als pdf auf dem iPad zur Verfügung zu stellen, ist die Kopienzahl unseres Schulkopierers merklich gesunken. 

Würden nun noch alle Eltern mitmachen, könnte auch viel für die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus verwendetes Papier eingespart werden. Ein entsprechender Versuch, während dessen wir Elternbriefe via einen Blog veröffentlichten und die Eltern jeweils per SMS oder e-mail über einen Neueintrag informierten, mussten wir vor über zwei Jahren auf Wunsch einzelner Eltern stoppen.  Nicht alle Eltern riefen regelmässig ihre mails oder Kurznachrichten ab. Die Zeit scheint – bei uns - noch nicht für diese digitale Kommunikation reif zu sein schien, schade! 

Wir sind etwas zähneknirschend zur Papierversion zurückgekehrt und beschäftigen uns seither wieder mit unterwegs verlorenen Zetteln und nie zu Hause abgegebenen Infos (klar, den Kindern Verantwortung zu übertragen, ist auch ein wichtiges Ziel...) . Während des Versuchs mit der elektronischen Version der Elternbriefe bestätigten die Eltern mit der Empfangsbestätigung der e-mail jeweils, den Inhalt auch wirklich zu lesen.

Pdf statt Papier: kein Problem für SchülerInnen

 

Die SchülerInnen reagieren unserer Erfahrung nach sehr offen und gelassen auf den Wechsel von der Papierwelt in die digitale Informationsdarbietung. Ob sie einen Text auf Papier oder auf dem Tablet lesen, spielt für sie keine Rolle. Oftmals können wir die pdf- Infos erst noch farbiger gestalten oder stellen für eine Unterrichtseinheit auch mal verschiedene Audio- , Video- und Textdateien zusammen mit interaktiven Aufträgen (z.B. learning Apps) in einem selbst gestalteten e-book zur Verfügung. Bald werden wir uns hoffentlich die zeitintensive Arbeit des Zusammenstellens solcher Bücher sparen können. Viele Schulverlage haben die Zeichen der Zeit erkannt und arbeiten intensiv an elektronischen Büchern, die mehr sind als nur pdf- Versionen ihrer bisherigen Printausgaben. Man kann gespannt sein. 

„Weg mit den Kopiergeräten, her mit den Tablets“…

 

… so oder ähnlich könnte der plakative Leitspruch einer zukünftigen kleinen Revolution in den Schulhäusern lauten. Ich weiss nicht, ob ich meinen Kopf als Anführer einer solchen Revolution hinhalten würde. Ich bin jedoch gerne bereit, mich für mehr Nachhaltigkeit und Resourcen schonendes Handeln in Schulen einzusetzen. Den Gedanken vom Abschied aus der (Kopier-) Papierwelt finde ich nicht verwerflich, schon eher zukunftsträchtig. Leider fehlen in der Schweiz meines Wissens entsprechende Schulversuche (Ausnahme: http://moodle.scheibi.ch/, da läuft noch eine Anfrage über gemachte Erfahrungen). Ob hier eine kleine Schule im Berner Oberland mit einem Versuch vorpreschen soll? Nun, mich dünkt, wir hätten in der letzten Jahren schon einige Pilotprojekte durchgeführt  und ich würde gerne andere MitspielerInnen auf die Bühne einladen!