Willkommen auf dem Blog zum 1:1- computing- Projekt in Guttannen


Seit Sommer 2010 erprobt eine 5./6. Klasse im kleinen Berner Oberländer Bergdorf Guttannen 1:1- computing im Unterricht, es werden hierfür Netbooks und Tablets eingesetzt. Wegen einer Klassenzusammenlegung findet das Projekt seit Sommer 2012 in der Gesamtschule (1.-6. Klasse) statt. In Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Bern werden Erfahrungen gesammelt, wie sich die kleinen Computer und Tablets im Unterricht und als Hilfsmittel bei der Bearbeitung der Hausaufgaben einsetzen lassen.

Auf diesem Blog werden regelmässig aktuelle Informationen zu Unterrichtsszenarien sowie technischen Inhalten festgehalten. Weitere Detailinformationen zum Projekt finden sich bei den ältesten Posts vom Sommer 2010.

Samstag, 19. Mai 2012

Kein Swisscom – Vorzeigeprojekt 

In einem früheren Blogeintrag wurde es vorsichtig angetönt und nun noch vor der Realisierung als Papiertiger beerdigt: das Projekt „Klassenzimmer der Zukunft“, welches die Swisscom mit der Schule Gadmen am Sustenpass und der Schule Guttannen am Grimselpass realisieren wollte. 


Ausgangslage: die kleine Schule Gadmen hätte auf diesen Sommer hin wegen zu kleiner Schülerzahlen wohl für immer geschlossen werden müssen. So schnell wollte man jedoch im Dorf am Susten nicht aufgeben und suchte nach Alternativen zur Schliessung. Durch einen Artikel im Migros- Magazin auf die kleine Schule aufmerksam geworden, bot die Swisscom an, Gadmen mit einem Glasfaserkabel zu erschliessen, das Klassenzimmer mit modernster IT auszurüsten und die Zusammenarbeit mit einer anderen kleinen Schule in den Bergen zwecks ev. gemeinsamer Videokonferenzen und vertiefter Zusammenarbeit zu ermöglichen: das „Klassenzimmer der Zukunft“ sollte entstehen. So hätte das kleine Bergdorf nicht nur einen Standortvorteil erhalten, sondern dank der wohlwollenden und engagierten Unterstützung der Schulinspektorin die Schule auch weiter führen können, in der Hoffnung, neue Familien würden nach Gadmen ziehen. Es liessen sich für den Kanton vielleicht in Zukunft gar ein paar Lektionen durch Video-Teaching einsparen, sollte sich das zu erprobende System bewähren. 


Das Projekt war bereits bis ins Detail geplant, ein pädagogisches Konzept verfasst, technische Details geklärt und viele Stunden Gespräche und Austausche hatten stattgefunden. Die beiden Schulen skizzierten mögliche Unterrichtsszenarien, die sich via SKYPE oder einer anderen Videotelefonie- Software realisieren liessen. 

Der Swisscom schwebte eine Ausstattung der Klassenzimmer beider Schulen mit einer Telepresence – Installation vor und es bestand auch das Angebot der Entwicklung einer neuen Software für den digitalen Austausch von Schulen mit Datentransfer etc. In Zusammenarbeit mit Fachleuten der PH Bern konnten die Swisscom – Projektleiter jedoch davon überzeugt werden, dass gerade ein Telepresence wohl für Schulen wenig geeignet und auch nicht unbedingt erwünscht sei, sondern dass eine zeitgemässe Umsetzung von 1:1- computing zwischen den Kindern zweier Schulen eher mit Netbooks oder Tablets umsetzbar wäre. Die Swisscom könnte dann mit ihrem technischen Knowhow ermöglichen, dass die SchülerInnen von überall, auch von zu Hause aus, mit ihren Klassenkameraden im eigenen und im Nachbardorf kommunizieren könnten. Wir wiesen auch darauf hin, dass man bisher mit kostenloser Software wie Skype und Dropbox in Guttannen positive Erfahrungen gemacht hatte in Bezug auf „Videounterricht“ und dass es wohl nicht nötig sein würde, extra eine softwaremässige Neuentwicklung in die Wege zu leiten.

Telepresence- Meeting: für Schulen geeignet? Wir denken: nein!

Ein 1:1- computing mit mobilen Gadgets wäre von uns aus gesehen deshalb besonders sinnvoll gewesen, da in beiden Dörfern im Winter wiederholt Kinder wegen Lawinengefahr nicht zur Schule gehen können und dann die Kommunikation zwischen Lehrkräften und SchülerInnen ebenso hätte ermöglicht werden können, wie jene zwischen Lehrkräften und SchülerInnen beider Schulen. Geplant war im Alltagsunterricht beispielsweise eine Zusammenarbeit von SchülerInnen, die alleine in einer Klasse sind und die so im Nachbardorf Klassenkameraden zur gemeinsamem Bearbeitung von Aufträgen, beispielsweise der mündlichen Arbeit im Fremdsprachenunterricht, gefunden hätten. Technische Voraussetzung für die Umsetzung dieser Arbeit wäre aber zwingend eine beidseitig verfügbare hochstehende Internetverbindung gewesen, wie sie in Gadmen derzeit ganz und gar nicht Realität ist.

Hätten, würden, wollten ….wie gesagt, das Projekt wird nicht zustande kommen. Es scheiterte letztendlich an den Finanzen. Während die Schule Guttannen bereits ans Glasfasernetz angeschlossen ist, wären für Gadmen, trotz eines grosszügigen Sponsorings durch die Swisscom, Investitionen und wiederkehrende Kosten von mehr als 100'000 Franken entstanden und die hätten dazu geführt, dass die finanzschwache Gemeinde gar einen Kredit hätte aufnehmen müssen. Da trotz der grossen Investitionen die längerfristige Fortführung der Schule noch nicht garantiert gewesen wäre, lehnten die StimmbürgerInnen von Gadmen an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung anfangs Mai 2012 den Antrag auf einen Kredit für die Erschliessung der Gemeinde mit einem Glasfaserkabel ab. 



Die Swisscom wird für ihr ehrgeiziges Projekt „Klassenzimmer der Zukunft“ andere Schulen suchen und müssen. Wir haben in der Projektphase gewiss einiges gelernt und auch versucht, die in den vergangenen zwei Jahren mit unserem 1:1- computing- Projekt gemachten Erfahrungen einfliessen zu lassen. 


Bereits in der Projektierungsphase hatte das „Klassenzimmer der Zukunft“ ein reges Medieninteresse ausgelöst (links: Beitrag aus "NZZ am Sonntag"), doch die anklopfenden JournalistInnen wurden auf den Projektbeginn im August vertröstet.


Nun, sehr geehrter Medienvertreter, müssen wir Ihnen leider einen Korb geben. Gewiss wird in Guttannen aber der Unterricht via SKYPE bei Strassenschliessungen wegen Lawinengefahr im Winter oder Murgängen  im Sommer weiter erprobt und bestimmt noch effizienter gestaltet werden können. Wie heisst es doch beim „Tages-Anzeiger“ so schön: wir bleiben dran!

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